Da ist es also: das Ergebnis der weltweit ersten Jukebox-Degustation. Es wird nicht die letzte sein, soviel sei versprochen. Für die Premiere wählte der Shuffle-Modus den Song „Love me Tender“ von Elvis Presley. Wir werden sehen, welcher Song gespielt wird, wenn die Vinopathen die nächste Münze einwerfen… Frohes Weinsein!
El Miracel, Fusion, 2009
Vicente Grandia, Alicante, Spanien
Ein Weisser ausser Konkurrenz machte den Anfang. Ohne viel vorweg zu nehmen: Das Abenteuerlichste und Spektakulärste an diesem Tropfen war die Herleitung und der Bezug zum vorgegebenen Jukebox-Song; total an den Haaren herbeigezogen, aber urteilt selber: Man nehme das „El“ aus dem Namen, füge das „vis“, welches im Holländischen „Fisch“ bedeutet, das ergibt Elvis und weil Weisswein gerne zu Fisch getrunken wird, so musste es auch ein Weisser sein, kapiert…? Ach ja, die fast bis zur Unkenntlichkeit verkleidete Elvis-Flasche schien dann auch schon ziemlich erschöpft ob diesem über tausend Ecken führenden Herleitungsmarathon. In der Nase ganz angenehm fruchtige Aromen nach Aprikose und Pfirsich, welche aber am Gaumen fast total verloren gingen. Eine einsame Teenote versuchte hier die Aromafahne hochzuhalten, zum Schwenken derselben reichte es dann allerdings nicht, zu schnell machte der einfach gestrickte Spanier einen Abgang.
Gesamteindruck: Gut trinkbare, aber zu einfache und langweilige Cuvée aus Chardonnay, Sauvignon Blanc und Muscat. Preis: 10 CHF. 14.5/20 Pkt
Zinfandel, Saldo 2008
Orin Swift Cellars, Kalifornien
Alles andere als ein Leichtgewicht landete als nächstes im Glas. Cremig und schmeichelnd am Gaumen, wahrhaftig so samtig wie die Stimme von Elvis. Aber ganz so „schmusig“ wie sich Vinopath Tom dieses Schwergewicht vorgestellt hatte, kam der „Zin“ nicht rüber. Die Tannine zeigten sich überraschend widerspenstig hinten hinaus, was wohl auf das noch junge Alter zurückzuführen ist. Diese Tatsache führte die Runde lange auf den Holzweg, bis man sich doch auf neue Welt einigen konnte. Ansonsten erfüllte der schwere, körperreiche Kalifornier die Erwartungen mit viel dunkler Frucht, viel reifer Frucht, Vanille, Rauchnoten und ganz wenig vom Primitivo-typischen Pferdesattel. 88% Zinfandel, 8% Syrah, 4% Petite Syrah von verschiedenen Weinlagen hauptsächlich in Sonoma und Napa.
Gesamteindruck: Trotzdem das erwartet typische, dichte Kalifornien-Schwergewicht mit wenig Finesse, wen wunderts bei 15.5 Volumenprozent Alkohol. Preis: stolze 43 CHF (gar nix Saldo). 16.5/20 Pkt.
Zinfandel, Lytton Springs 2004
Ridge Vineyards, Kalifornien
Wow, der nächste Kandidat hat ebenso begeistert wie auch verwirrt. Niemand, aber auch gar keiner hat nur für eine Sekunde daran geglaubt, gleich noch einen kalifornischen Zinfandel im Glas zu haben. Zu „europäisch“, zu klassisch erschien er schon in der Nase, auch wegen einer gewissen Muffigkeit. Rote Früchte und Kirsche prägten den Gaumen in einer Deutlichkeit, dass sich die Runde der Peinlichkeit hingab, sich früh in Richtung Piemont zu verspekulieren. Da hat wohl der Vinopath, der als einziger um die tatsächliche Präsenz eines Piemontesers wusste, das Seinige dazu beigetragen. Selbstverständlich waren die typischen dunklen Fruchtnoten vorhanden, wurden aber vor allem im Abgang von einem wahren Fruchtkuchen von roten Beeren verdrängt, was zur hohen Komplexität dieses Bijoux’ beiträgt. 79% Zinfandel, 18% Petite Syrah, 3% Carignan.
Gesamteindruck: Der Sieger und die Überraschung dieser ersten Jukebox-Degustation. Preis: 42 CHF. 17.5+/20 Pkt.
Dolcetto d’Alba, Falletto, 2008
Bruno Giacosa, Dolcetto d’Alba DOC, Piemont
Dann hielt es dann tatsächlich doch noch Einzug am Degutisch: das Piemont und seine unverwechselbaren Weine, wie die tapferen Vier da noch alle überzeugt waren. Den Dolcetto hatten sie allerdings jetzt erst im Glas und die totale Verwirrung war komplett. Auch hier musste der Name für die Herleitung zum Thema „Love me Tender“ herhalten. So süsslich wie der Song und die besungene Liebe, so heisst diese norditalienische Traubensorte. Nicht weil der Wein süss ist, diesen Namen hat die Dolcetto-Traube der Tatsache zu verdanken, dass sie im Vergleich zum grossen Nebbiolo früher reift und arm an Säure ist. So überzeugte dann auch diese degustierte Version durch eine ungeheure Saftigkeit und präsenter, schmeichelnder Frucht von reifer Kirsche und einem Mandelton am Gaumen. Dolcettos sind einfach gekelterte Tischweine für die Piemonteser mit oftmals „stacheligen“ Tanninen. Diese sind in Bruno Giacosa’s Meisterwerk allerdings erstaunlich gut eingebunden und machen den kleinen Italiener gut ausbalanciert und ganz gross.
Gesamteindruck: Es muss nicht immer Barbaresco oder Barolo sein. Ein grosser Produzent hat hier aus der einfachen Tischwein-Traube Dolcetto einen unkomplizierten Trinkgenuss auf höchstem Niveau kreiert. Preis: 26 CHF. 17/20 Pkt.
Tokaji Aszú, 5 Puttonyos, 2002
Tokaji-Oremus Grupo Vega Sicilia, Ungarn
Den Abschluss machte ein Vertreter des inoffiziellen Ehrentitels „Wein der Könige-König der Weine“. Damit ist auch schon die Brücke Elvis „The King“ geschlagen und ein Süsswein passt nicht nur hervorragend zu Stinkekäse wie z.B. Roquefort, sondern auch zu „Love me Tender“. Das Weinbaugebiet des Tokaji liegt im Nordosten Ungarns und der Tokajer gilt als erster A.O.C.-Wein (seit 1700) der Welt. Die ersten Tokaji-Süssweine entstanden bereits 200 Jahre vor den ersten Sauternes. Soviel zur Tradition. Der 2002er von Oremus mit stolzen 5 Puttonyos (Süssegrad) strahlte goldgelb im Glas und schon beim ehrfürchtigen Schnuppern entfaltete sich die typische Botrytis-Note. Eine leichte Trüffel- und Brotnote in der Nase. Am Gaumen kamen zusätzlich kandierte Früchte hinzu und die Vinopathen und deren Freunde glaubten, die Engel singen zu hören. Die hohe Säure sorgte bestens dafür, dass der Nektar nicht schwer, breit und dickflüssig, sondern erstaunlich frisch und nicht klebrig süss daherkommt.
Gesamteindruck: So edel wie seine Bernsteinfarbe, so teuer wie sein goldener Schimmer. Königlicher Wein hat seinen Preis und fliesst engelpissengleich am Gaumen vorbei den Hals hinab. Dieser Wein ist noch sehr jung und wird die nächsten 40 Jahre locker über- und auch dann noch bestehen. Preis: 58 CHF (0.5 dl). 17.5/20 Pkt.